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Sichere Heimspeicher für die dezentrale Stromversorgung

Forscher des KIT haben gemeinsam mit der RCT Power GmbH ein Batterie-Management-System für stationäre Heimspeicher entwickelt. Das System sichert den Betrieb der Stromspeicher ab und macht erneuerbare Energie für den Eigenverbrauch effizient nutzbar.

Volker Reiling, Simon Bischof und Dr. Thomas Blank vom IPE haben im Rahmen eines Technologietransfer-Projekts ein effizientes BMS für die stationären Speicheranwendungen mit Lithium-Ionen-Batteriezellen von RCT Power entwickelt. (Bild: Amadeus Bramsiepe / KIT)

Sichere Heimspeicher für die zentrale Stromversorgung

In Zeiten der Energiewende wird Strom nicht mehr nur von großen Energiekonzernen oder städtischen Versorgungsbetrieben erzeugt und bereitgestellt. Die technischen Möglichkeiten der Photovoltaik schaffen die Grundlage, dass inzwischen jedermann mit Solarzellen seine eigene erneuerbare Energie produzieren kann. Eine gut ausgelegte Solaranlage auf dem Dach kann die Versorgung einer ganzen Familie mit elektrischer Energie sicherstellen. Allein im Jahr 2019 wurden der Bundesnetzagentur an die 60.000 neue Photovoltaik-Kleinanlagen im Segment < 10 Kilowatt-Peak (kWp) gemeldet. Damit der Ökostrom für den Eigenbedarf überhaupt effizient und wirtschaftlich genutzt werden kann, sind stationäre Heimspeicher unentbehrlich. Diese heimischen Stromspeicher garantieren die Zwischenspeicherung der erzeugten Energie bis zum Zeitpunkt des Verbrauchs im Eigenheim und balancieren so die Fluktuation der Sonnenenergie aus.

Die RCT Power GmbH aus Konstanz hat sich auf Photovoltaik-Stromspeicher für den Eigenverbrauch spezialisiert und bietet modulare Heimspeicher mit einer Speicherkapazität zwischen drei und zwölf Kilowattstunden für Neuanlagen sowie als Nachrüstoption. Die Besonderheit: Das in den RCT-Heimspeichern verbaute Batterie-Management-System (BMS) wurde in enger Zusammenarbeit der RCT Power GmbH mit dem Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik (IPE) des KIT entwickelt. Dr.-Ing. Thomas Blank, Leiter der Arbeitsgruppe Aufbau- und Verbindungstechnik am IPE, erläutert: „Ein Forschungsschwerpunkt am IPE sind batteriebetriebene, leistungselektronische Systeme sowie Technologien zu deren Herstellung und Aufbau. Das umfasst die Entwicklung, Optimierung und Charakterisierung leistungselektronischer Module sowie deren Integration in batterieelektrische, stationäre und mobile Systeme. Unsere Expertise bringen wir regelmäßig in Forschungs- und Industriekooperationen ein.“

Technologiematch

Die industrienahe Forschung am IPE erweckte vor knapp fünf Jahren die Aufmerksamkeit von RCT Power. Thomas Hauser, Geschäftsführer des Unternehmens, erinnert sich: „Wir wollten unser Kerngeschäft Solarinverter erweitern und waren auf der Suche nach einem Entwicklungspartner, um mit leistungsfähigen Lithium-Ionen-Batterien ein modulares Stromspeichersystem aufzubauen. Hierfür brauchten wir ein individuell darauf abgestimmtes Batterie-Management. Nach verschiedenen Anläufen bei Firmen stießen wir auf das Portfolio vom IPE.“ Aus dem Erstkontakt entwickelten sich sehr schnell konkrete Pläne zur Zusammenarbeit, sodass 2016 ein vom KIT gefördertes Technologietransfer-Projekt zur gemeinsamen Produktentwicklung starten konnte.

Ziel des dreijährigen Vorhabens war es, ein bereits funktionsfähiges Batterie-Management-System des IPE so zu adaptieren, dass es wirtschaftlich in stationären Heimspeichern für hohe Spannungslagen eingesetzt und betrieben werden kann. „Wir entwickeln seit Jahren hoch spezialisierte BMS für große Lithium-Ionen-Speicher, die in mobilen Anwendungen wie PKWs und Bussen eingesetzt werden. Unsere langjährige Erfahrung haben wir genutzt, um in kürzester Zeit ein maßgeschneidertes BMS für die stationären Stromspeicher von RCT Power zu realisieren“, so Gruppenleiter Blank. Bereits nach einem Jahr Projektlaufzeit gingen die ersten gemeinsam entwickelten Heimspeicher mit dem Batterie-Management-System auf den Markt, um die Stromspeicher kundennah zu validieren. Der Einsatz unter Realbedingungen zeigte bereits während der frühen Entwicklungsphase, worauf Privatkunden ihr Augenmerk legen.

Sonnenenergie sicher speichern

„Wenn die Sonne scheint, produziert eine Photovoltaikanlage meist mehr Energie als in einem durchschnittlichen Haushalt tagsüber verbraucht wird. Ohne einen Stromspeicher werden diese Überschüsse der Solaranlage in das kommunale Netz eingespeist und sind für den Eigenverbrauch verloren“, beschreibt Heimspeicher-Experte Hauser die Situation. In einem stationären Stromspeicher werden mehrere Batterien zusammengeschaltet, um eine möglichst hohe Speicherkapazität zur Zwischenspeicherung des Ökostroms zu bieten. Die verwendeten Lithium-Eisenphosphat-Batterien gelten als effiziente und zuverlässige Energiespeicher. Beim Betrieb müssen sie jedoch vor Überladung, Tiefentladung, Überströmen, Übertemperaturen oder zu tiefen Temperaturen geschützt werden. Daher werden besondere Sicherheitsanforderungen an das gesamte Batteriesystem gestellt. Eine der wesentlichen Aufgaben eines BMS ist, die Batteriezellen jederzeit in einem sicheren Bereich zu betreiben. Dazu überwacht es alle sicherheitskritischen Parameter.

Schaltbild des RCT-Heimspeichers mit integriertem Batterie-Management-System (BMS). Das BMS ist ein eigenständiges Steuergerät, das die Überwachung und Sicherheit der Batteriepacks im Stromspeicher gewährleistet. Gefährliche Betriebszustände werden durch das BMS verhindert.
(Bild: RCT Power GmbH)
Schaltbild des RCT-Heimspeichers mit integriertem Batterie-Management-System (BMS). Das BMS ist ein eigenständiges Steuergerät, das die Überwachung und Sicherheit der Batteriepacks im Stromspeicher gewährleistet. Gefährliche Betriebszustände werden durch das BMS verhindert. (Bild: RCT Power GmbH)

Batterien unter Kontrolle

Simon Bischof, der sich im Projekt am IPE mit engagierte, macht deutlich: „Das Batterie-Management-System ist ein eigenständiges Steuergerät, das die Überwachung und Sicherheit eines Batteriesystems gewährleistet. Ohne funktionierende Kontrollmechanismen besteht die Gefahr eines Systemausfalls infolge eines Kurzschlusses oder durch Überhitzung. Das BMS ist somit eine wesentliche Schlüsselkomponente zur Verminderung der systeminhärenten Gefahrenquellen und zum Betrieb eines sicheren Batterie-Heimspeichersystems.“ Ein BMS erfüllt dabei wichtige Aufgaben zur Einhaltung der Batteriesicherheit: Messen und Überwachen der einzelnen Zellspannungen und -temperaturen, Steuern der Schutzeinrichtungen, wie Relais, sowie die Kommunikation mit anderen Systemen, z.B. Umrichter und Steuerung. Darüber hinaus sorgt die Kontrollkomponente für den notwendigen Zellenausgleich. Es werden zudem Daten, wie die Entladetiefe und die Anzahl der Ladezyklen der einzelnen Batteriezellen, gespeichert und können bei Bedarf abgerufen werden.

Hohe Standards für noch mehr Sicherheit

In einem so sensiblen Batteriesystem darf das Batterie-Management selbst unter keinen Betriebsbedingungen eine Gefahr darstellen und muss daher eigensicher sein. Das System, das am IPE entwickelt wurde, ist besonders für sicherheitskritische Anwendungen ausgelegt und verfügt über Sicherheitsfunktionen, die deutlich über den derzeitigen Stand der Technik im Heimspeichermarkt hinausgehen. Projektleiter Blank unterstreicht: „Unser BMS genügt deutlich strengeren Anforderungen, wie sie beispielsweise im Bereich E-Mobilität gefordert sind. Da in den kommenden Jahren mit einer deutlichen Verschärfung der normativen Auflagen für Heimspeicher zu rechnen ist, erfüllen wir bereits heute wesentliche Aspekte zukünftiger Anforderungen an Li-Ionen-Batteriesysteme.“ Dies liegt darin begründet, dass das vorentwickelte BMS von 2015 ursprünglich für die Automobilbranche entwickelt wurde und die Wissenschaftler den hohen Sicherheitsstandard beibehalten haben – ganz im Sinne der zukünftigen Nutzer der Heimspeicher.

Prototyp eines Batterie-Management-Systems (BMS), das an Pouch-Batteriezellen gekoppelt ist. Das BMS garantiert, dass jede einzelne Zelle kontinuierlich überwacht und in einem definierten Betriebsbereich (Spannung, Strom, Temperatur) gehalten wird. (Bild: Amadeus Bramsiepe / KIT)

Vom Grundgerüst zum Produkt

Obwohl die Entwicklungskooperation von KIT und RCT Power auf einer bestehenden Technologie aufbaute, galt es bis zum Markteintritt noch einige Meilensteine zu erreichen. Intensive Vorgespräche und einige Iterationen im Projektzeitraum waren nötig, um die Spezifikationen für das zukünftige Batteriesystem in der nötigen Detaillierung abzustecken und an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Das Team am IPE war mit der Schaltungs- und Layoutentwicklung für das BMS und die elektrische Messtechnik betraut. Elektrotechniker Bischof gibt einen Überblick über die Entwicklungsetappen: „Ein wichtiger initialer Schritt für die Auslegung des neuen Heimspeichersystems war die Charakterisierung von Lithium-Eisenphosphat-Zellen unterschiedlicher Hersteller mit dem Ziel, eine zuverlässige und preiswerte Zelle für den Speicher auszuwählen. Darüber hinaus wurde in der ersten Projektphase ein neues Sensorsystem zur Erfassung der Batteriespannung und des Batteriestromes entwickelt, das auf einem bereits bestehenden Sensorsystem des IPE basierte.“

Das Batterie-Management als eingebettetes System im Solarinverter konnte jedoch nicht alleinstehend betrachtet werden, sondern war eng verbunden mit der Wechselrichtertechnik von RCT Power, die parallel von den hauseigenen Entwicklungsingenieuren weiterentwickelt wurde. Zwischen beiden Systemen werden Daten ausgetauscht und Energieflüsse gesteuert. „Damit die Hardwarekomponenten entsprechend miteinander funktionieren, musste für die Kommunikation zwischen BMS und Inverter ein komplexes Steuerungssystem programmiert und dokumentiert werden“, so Blank und ergänzt: „Die Zusammenarbeit im Projekt war insgesamt extrem fokussiert und intensiv. Wir waren regelmäßig vor Ort bei RCT und umgekehrt. Die enge Abstimmung führte letztendlich zu einem Produkt, das innerhalb kürzester Zeit sehr hohe Kundenakzeptanz erlangt hat.“ Der Aufbau des Gesamtsystems aus Inverter, Batterien und BMS – unter wirtschaftlichen und konstruktiven Gesichtspunkten – zählte schließlich zu den Herausforderungen für RCT Power.

Thomas Hauser, Geschäftsführer der RCT Power GmbH, blickt zuversichtlich in die Zukunft. Mithilfe des am KIT entwickelten Batterie-Management-Systems können die modularen RCT-Heimspeicher sicher und effizient in privaten Haushalten betrieben werden. (Bild: RCT Power GmbH)

Ausgezeichnete Heimspeicher

Im Jahr 2019 kam das Technologietransfer-Projekt zum offiziellen Ende, die Markteinführung war bereits erfolgreich. Die guten Verkaufszahlen der Heimspeicher sprechen für sich, und auch unabhängige Gutachten, wie etwa die „Stromspeicher-Inspektion“ 2020 – durchgeführt von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin – bescheinigen den RCT-Produkten mit dem eingebetteten BMS in den letzten drei Jahren höchste Effizienz und Qualität. Das RCT-Power-System für Neuinstallationen landete erneut auf dem ersten Platz als bestes System unter acht Kilowattstunden. Im Wettbewerb mit allen getesteten Systemen mit zum Teil größeren Speichern zählte es zum wiederholten Mal zu den „Top drei“. Der Unternehmer Thomas Hauser macht deutlich: „Stromspeicher-Systeme sollten effektiv und sicher sein. Deshalb haben wir von Anfang an auf modernste Technologie gesetzt. Das Batterie-Management-System des KIT war der Grundstein für die gesamte Produktpalette, die wir heute unseren Kunden anbieten.“

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