Research to Business

Transfer von Forschungsergebnissen aus der Wissenschaft in die Wirtschaft – Ein entscheidender Erfolgsfaktor in der Krise

Die Herausforderungen, denen sich in diesem Jahr vom Großkonzern bis zum kleinen Familienbetrieb die gesamte Breite der Wirtschaft stellen muss, sind enorm. Der Vizepräsident für Innovation und Internationales des KIT, Professor Thomas Hirth, sieht in der angewandten Forschung einen Weg aus der Krise für Unternehmen und appelliert an Wissenschaft und Wirtschaft, noch stärker als bisher in den Dialog zu treten.

Prof. Dr. Thomas Hirth ist seit 2016 Vizepräsident für Innovation und Internationales am Karlsruher Institut für Technologie. (Bild: KIT)
Prof. Dr. Thomas Hirth ist seit 2016 Vizepräsident für Innovation und Internationales am Karlsruher Institut für Technologie. (Bild: KIT)

Die angewandte Forschung und der Transfer von Forschungsergebnissen zum Wohl von Gesellschaft und Wirtschaft durchziehen Professor Hirths Werdegang wie ein roter Faden. Der Technologietransfer am KIT ist für ihn eine Aufgabe mit wichtigen gesellschaftlichen Auswirkungen. Dass Forschung am Ende nicht nur wissenschaftlich exzellent ist, sondern auch Arbeitsplätze sichern und Unternehmen erhalten kann, sieht er als großen Treiber seiner Arbeit. Wir haben ihn zum aktuellen Stand und den Entwicklungen an der Schnittstelle Wissenschaft – Wirtschaft im Umfeld des KIT befragt.

Haben die letzten Monate zu Veränderungen im Verhältnis von KIT und seinen Wirtschaftspartnern geführt?

Prof. Hirth: Die Situation seit März ist natürlich eine Herausforderung für uns alle. Wir haben versucht, den Dialog mit Partnern aus der Wirtschaft digital aufrechtzuerhalten. Das ist in den meisten Fällen auch geglückt. Mir wäre nicht bekannt, dass wir Industriepartner in unseren Projekten verloren hätten, auch wenn es natürlich Verzögerungen in laufenden Projekten gab und weiterhin geben wird. Im Großen und Ganzen ziehe ich ein zufriedenes Zwischenfazit.

Wie ist die Lage bei der Neuanbahnung von gemeinsamen Projekten?

Prof. Hirth: Neue Projekte anzustoßen, ist rein digital natürlich deutlich schwieriger, aber möglich. Unsere Strategie war, neue Themen mit Partnern aus bestehenden Kooperationen anzugehen, dabei konnten wir auch Mittel der öffentlichen Hand nutzen. Wir haben sogar neue Partner gewonnen, auch international, zum Beispiel in Singapur, den USA oder China. Schwierig wird es erfahrungsgemäß dann, wenn ein Unternehmen keine Präsenz in Deutschland hat. Die regionale Nähe spielt trotz der Digitalisierung also nach wie vor eine große Rolle. Das ist für den Technologietransfer am KIT auch eine wichtige Handlungsprämisse: Wir sind engagiert in der TechnologieRegion Karlsruhe, sehr gut vernetzt im Bundesland und national. Wir haben das Ziel, mehr kleine und mittelständische Unternehmen als Partner zu gewinnen.

Die Kontakte zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sind gut. Vor allem der Dialog mit KMU soll am KIT noch verstärkt werden. V.l.n.r.: Professor Tamim Asfour, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der Bundesvorsitzende der Grünen Robert Habeck und Vizepräsident Thomas Hirth. (Bild: Markus Breig / KIT
Die Kontakte zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sind gut. Vor allem der Dialog mit KMU soll am KIT noch verstärkt werden. V.l.n.r.: Professor Tamim Asfour, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der Bundesvorsitzende der Grünen Robert Habeck und Vizepräsident Thomas Hirth. (Bild: Markus Breig / KIT

Wie kann sich das KIT als starker und sinnbringender Partner für KMU in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise einbringen?

Prof. Hirth: Auf zweierlei Wegen: Zum einen können wir Firmen unterstützen, Lösungen für technische Fragestellungen zu finden. Wie das gelingen kann, zeigen erfolgreiche Transferprojekte, die wir insbesondere auch mit kleinen und mittleren Unternehmen durchgeführt haben. Hier müssen wir den Unternehmen aber noch stärker als bisher zeigen: Wir sind zwar eine sehr große Forschungseinrichtung, bieten jedoch trotzdem konkrete Formen der Zusammenarbeit auch für kleinere Projekte und Unternehmen  mit dem Ziel der Produktentwicklung an.

Zum anderen sieht man ja auch, dass die großen gesellschaftlichen Themen immer stärker in den Fokus rücken. Hier hat das KIT viele Technologieangebote für ganz unterschiedliche Branchen, zum Beispiel bei den Themen Energiewende, Wasserstoff, Klimawandel und Gesundheit, um nur einige zu nennen. Sich in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise neu zu orientieren, kann aus einer schwächelnden Firma einen Hidden Champion machen. Die Zusammenarbeit mit der angewandten öffentlichen Forschung kann dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor sein. Die Unternehmen haben den Fokus und die Kunden im Blick, wir als Forschungsuniversität das Durchhaltevermögen und die gewisse Stabilität, um Themen langfristig zu verfolgen. Diese Kombination ist äußerst wertstiftend. Zum Wohle einer starken Wirtschaft und damit dem gesellschaftlichen Wohlstand müssen wir den Dialog zwischen Forschung und Wirtschaft, insbesondere auch KMU, intensivieren.

ZEISS ist einer der strategischen Unternehmenspartner des KIT und hat am Campus Nord der Forschungseinrichtung ein gemeinsam genutztes Innovationsgebäude errichtet. V.l.n.r.: Prof. Thomas Hirth, Prof. Michael Kaschke von Zeiss und Prof. Holger Hanselka, Präsident des KIT. (Bild: KIT)
ZEISS ist einer der strategischen Unternehmenspartner des KIT und hat am Campus Nord der Forschungseinrichtung ein gemeinsam genutztes Innovationsgebäude errichtet. V.l.n.r.: Prof. Thomas Hirth, Prof. Michael Kaschke von Zeiss und Prof. Holger Hanselka, Präsident des KIT. (Bild: KIT)

Welchen Herausforderungen müssen sich die innovationsorientierte Forschung und der Technologietransfer im kommenden Jahr stellen?

Prof. Hirth: Das werden vor allem Herausforderungen in der Kommunikation sein. Da muss die klare Botschaft nach außen transportiert werden: Wir wollen die Wirtschaft unterstützen. Wir müssen die richtigen Partner auf beiden Seiten zusammenbringen und Berührungsängste nehmen, wo es möglich ist. Kreativität einerseits bei der Ideenentwicklung für die Anwendungsgebiete von Forschungsthemen und andererseits beim Entwickeln konkreter Lösungen für Fragestellungen aus der Wirtschaft wird eine zentrale Rolle spielen. Organisatorische Herausforderungen, wie neue digitale Formate und die digitale Netzwerkpflege und Projektbegleitung, werden uns ganz besonders beschäftigen. Bei all dem dürfen wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren: Unsere Arbeit hat nicht nur technologischen Inhalt, sondern wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische und soziale Implikationen.

Das Interview führte Anke Weigel

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