Veröffentlicht am 23. Juli 2025
Quantentechnologie – Noch Grundlagenforschung oder schon Innovationssprung?
Die Vorstellung, dass unsere Welt im Innersten auf Quanten beruht, ist über 100 Jahre alt. Schon 1925 formulierten Physiker die Theorie zur Quantenmechanik. 2025 feiert die Wissenschaft nun international das Quantenjahr – ein Anlass, den auch der KIT Business Club aufgriff, um sich im Rahmen der Wissenswoche NEULAND mit aktuellen Entwicklungen in der Quantentechnologie zu befassen. Die Grundlagen wurden zwar schon vor über einem Jahrhundert gelegt, doch inzwischen zeichnen sich deutliche Fortschritte in der praktischen Anwendung ab – ob im Quantencomputing, in der Sensorik oder der sicheren Kommunikation. Wo wir aktuell stehen, klärte der KIT Business Club beim „Update Quantentechnologie“ am 01. Juli 2025 im TRIANGEL Karlsruhe. Beiträge aus Wissenschaft und Wirtschaft gaben den Mitgliedern ein Update zu Theorie und Praxis rund um Hard- und Software der Quantentechnologie.
Quanten als Zukunftsthema
Gleich zu Beginn hob Prof. Thomas Hirth, Vizepräsident Transfer und Internationales am KIT, in seinem Impulsvortrag die zentrale Bedeutung von Quantentechnologien als wichtiges Fokusfeld für das KIT hervor. In mehreren Instituten wird an Quantenlösungen geforscht. Ein aktuelles Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) unterstreicht diesen Kurs: Der Aufbau eines Forschungs- und Innovationsökosystems im Quantenbereich sowie der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative, marktfähige Produkte seien von großem Interesse für die gesamte deutsche Wirtschaft.
Kontrolle über das Kleinste
Dass es bereits technisch möglich ist, einzelne Quanten vollkommen kontrolliert zu manipulieren, erläuterte Prof. David Hunger, Physikalisches Institut (PHI), in seinem Vortrag. Eine Grundvoraussetzung für viele Anwendungen. Bereits seit einiger Zeit im Einsatz befinden sich quantenbasierte Verschlüsselungsverfahren in der Kryptographie. Hungers aktuelle Arbeiten befassen unter anderem aber mit der nächsten Größenskale, der Umsetzung von Quantenkommunikation in größeren Netzwerken bis hin zum Quanteninternet. Erst kürzlich wurde dafür eine Teststrecke am KIT eingerichtet, an der unterschiedliche neue Technologiebausteine wie Quantenspeicher oder Quantenrepeater eingesetzt und getestet werden können.
Hybride Ansätze für reale Probleme
Quantencomputer versprechen, bestimmte Probleme deutlich schneller zu lösen als klassische Rechner – indem sie quantenmechanische Effekte gezielt nutzen. Doch welche Aufgaben dies im Einzelnen sind und wie Teilaufgaben eines komplexeren Problems am effektivsten zwischen klassischen und quantenbasierten Methoden aufgeteilt werden, ist in der Praxis nicht leicht zu erkennen. Diese Einschätzung teilten sowohl Domenik Eichhorn, der am Institut für Informationssicherheit und Verlässlichkeit (KASTEL) an Quantencomputern forscht, als auch Stefan Knipp, der bei Thales Praxiserfahrung mit quantentechnologischen gesammelt hat. Für Domenik Eichhorn stehen deshalb aktuell Konzepten und Ansätzen des Meta-Solving im Zentrum seiner Forschung: Sein Ziel ist es, für komplexe Fragestellungen hybride Lösungswege zu entwickeln, die das Beste aus beiden Welten kombinieren.
Quantenüberlegenheit in Sichtweite?
Dass wir einer Welt des Quantencomputing mit realer Quantenüberlegenheit schon nahekommen, erläuterte David Faller (IBM) in seinem Vortrag. IBM verfolgt seit Jahren eine ambitionierte Timeline für die Entwicklung anwendungstauglicher Quantencomputer und liegt damit im Plan. Nur mit einer Vorstellung räumte er auf: Ein Quantencomputer werde wohl so schnell nicht auf die Größe eines Desktopsystems schrumpfen – dafür sind die Anforderungen an Infrastruktur und Kühlung zu hoch.
Software trifft Hardware
Die Vielfalt der Beiträge beim Event spiegelte wider, wie viele Disziplinen in der Quantentechnologie zusammenkommen müssen. Eileen Kühn, Scientific Computing Center (SCC), und Michael Marthaler, Gründer von HQS Quantum, erläuterten spannende Beispiele an der Schnittstelle zwischen Quantencomputern und Software, mit Bezug zum Einsatz von Machine-Learning-Methoden einerseits, Consulting und Anwendung von Simulationen andererseits. Daneben kam auch die Hardwareseite nicht zu kurz: Während Dennis Rieger (Ausgründung QINU) die Hardware zur Kühlung von Quantenrechnern thematisierte, stellten Sören Ihsen und Simon Geisert (beide Institut für Quantenmaterialien und Technologien (IQMT)) ein neues Designkonzept für einen Quantenschaltkreis vor.
Quantenanwendungen im Aufbruch
Die Veranstaltung machte allen Teilnehmenden deutlich: Für eine funktionierende Quantenwelt braucht es weit mehr als nur Grundlagenforschung. Eine ganze Bandbreite an Technologien und ein passendes Innovationsökosystem wird benötigt, in dem Materialien, Chips und Anlagentechnologie, Rechnerarchitekturen, Software sowie Softwarekonzepte zusammen gedacht und entwickelt werden. Mit dem Update Quantentechnologien bot der KIT Business Club nicht nur einen umfassenden Einblick in den aktuellen Stand, sondern auch eine Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft rund um das Thema. Denn wie immer im Umfeld von Innovationen spielt die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren und der Aufbau eines Netzwerks, in dem Ideen ausgetauscht werden und reifen können, eine entscheidende Rolle.

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