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Projektplanung mit Mehrwert

Ein ganzheitliches Projektmanagementsystem insbesondere für große Instandhaltungs-, Rückbau- und Bauprojekte aber auch andere komplexe Projekte haben Forscher vom Institut für Industriebetriebslehre und industrielle Produktion (IIP) gemeinsam mit der RODIAS GmbH entwickelt. Das Software-Add-on für klassische Planungssoftware optimiert Projektplanungen hinsichtlich Zeit und Kosten auf Basis mathematischer Modelle.

Ein erfolgreicher Projektabschluss von großen Bau- und Rückbauprojekten hängt maßgeblich von guter Planung und professionellem Projektmanagement ab. Das Add-on OPTIRA mit mathematischen Modellen vom Institut für Industriebetriebslehre und industrielle Produktion (IIP) kann hier helfen. (Bild: RODIAS GmbH)
Ein erfolgreicher Projektabschluss von großen Bau- und Rückbauprojekten hängt maßgeblich von guter Planung und professionellem Projektmanagement ab. Das Add-on OPTIRA mit mathematischen Modellen vom Institut für Industriebetriebslehre und industrielle Produktion (IIP) kann hier helfen. (Bild: RODIAS GmbH)

»Eröffnung verzögert sich um 10 Monate. Kosten für Bauvorhaben fast verdreifacht. Der Baubranche geht das Material aus.« – Meldungen wie diese sind regelmäßig in der Presse zu lesen und erregen die Gemüter. Alles Indizien dafür, dass die Planung und Koordination von größeren Bauvorhaben eine Mammutaufgabe darstellt. Bauplaner und Projektmanager stehen vor der Herausforderung, hochkomplexe, umfangreiche und vielschichtige Teilprojekte und Gewerke unter technischen wie sicherheitsrelevanten, wirtschaftlichen und rechtlichen sowie ressourcenschonenden Gesichtspunkten zu planen. Möglich wird dies bei derart großen und komplexen Projekten nur mithilfe von IT-Tools für das Projektmanagement, wie beispielsweise Microsoft Project oder Oracle Primavera. Trotz der Softwareunterstützung hängt der Projekterfolg meist von den Erfahrungswerten der Planer ab. Das KIT und die RODIAS GmbH gemeinsam ein benutzerfreundliches Software-Add-on entwickelt, das Planer bei der Zeit- und Kostenoptimierung modellbasiert unterstützt.

Das im NukPlaRStoR-Projekt entwickelte Modell zur optimierenden Projektplanung wurde im Juni 2021 beim Innovationswettbewerb NEULAND des KIT in der Kategorie Transferpreis mit dem 3. Preis ausgezeichnet. (Bild: Magali Hauser / KIT)

Rückbau als Musterprojekt

„Projekt- und Ressourcenmanagement in der bebauten Umwelt sind schon seit den 1990er Jahren Forschungsgegenstand Institut für Industriebetriebslehre und industrielle Produktion (IIP)“, erzählt Dr. Rebekka Volk, die in diesem Bereich eine achtköpfige Arbeitsgruppe leitet. Ausgangspunkt der Forschung waren Rückbauprojekte aller Art: von konventionellen, städtischen und industriellen Gebäuden bis hin zu Kernkraftwerken. Dabei ist der Rückbau kerntechnischer Anlagen an Komplexität kaum zu übertreffen. Spezielle Anforderungen zu Sicherheit, Strahlungsschutz, Logistik und Materialströmen sowie zahlreiche Genehmigungsprozesse machen eine sehr detaillierte Projektplanung unabdingbar. „Wegen der steigenden Anforderungen und der steigenden Komplexität war es unser Ziel, methodengestützte Optimierungen und Analysen zu ermöglichen und Entscheidungsunterstützung im Projekt- und Ressourcenmanagement zu leisten“, so Volk weiter. Stand anfangs lediglich die Kreislaufwirtschaft mit Materiallebenszyklen und Recycling im Mittelpunkt der Forschung am IIP, so erweiterte sich das Themenspektrum in den vergangenen Jahren um mathematische Modelle und Methoden zum Projektmanagement.

Seit 2014 arbeitet Volks Arbeitsgruppe daher an Algorithmen zur optimierenden Planung von kerntechnischen Rückbauprojekten im Rahmen von kooperativen Drittmittelprojekten mit Industriebeteiligung, gefördert durch das BMBF:

 

  • MogaMaR – Modellentwicklung eines ganzheitlichen Projektmanagementsystems für kerntechnische Rückbauprojekte
  • NukPlaRStoR – Entwicklung eines benutzerfreundlichen kostenoptimierenden Planungswerkzeugs für kerntechnische Rückbauprojekte unter der Berücksichtigung von Stoffströmen zur Ressourcenplanung

Überzeugt von den Ergebnissen des MogaMaR-Projekts, stieg die RODIAS GmbH – ein IT-Anbieter im Bereich Enterprise Asset Management und Instandhaltung von Anlagen – gemeinsam mit der VPC Nukleare Dienstleistungen GmbH im Folgeprojekt NukPlaRStoR mit ein. Die gemeinsamen Forschungsergebnisse waren so überzeugend, dass RODIAS die am IIP entwickelten Modelle und Methoden zur optimierenden Projektplanung seit Mitte 2020 als Softwareprodukt OPTIRA anbietet.

Add-on für Planungstools

Peter Stängle von RODIAS erklärt: „Existierende Planungssoftwares decken nicht immer die mehrdimensionalen Anforderungen sehr komplexer Projekte ab. Die Ablaufpläne stützen sich hier auf Erfahrung und Fachwissen des Planers, der die Planungen mithilfe der etablierten Softwaretools visualisiert. Mit OPTIRA geben wir ihnen ein zusätzliches Werkzeug an die Hand, das datenbasiert und automatisiert Planungsszenarien auswertet und Handlungsempfehlungen gibt.“ OPTIRA ist ein Add-on für konventionelle Projektplanungssoftware, das komplexe Projekte im Hinblick auf Zeit und Gesamtkosten optimiert. Die am IIP entwickelten Algorithmen sind als eigenständige Programmbibliothek eingebunden und übernehmen die mathematische Optimierung. Die IT-Experten von RODIAS haben die Softwareumgebung und nötigen Schnittstellen geschaffen, die die intuitive Handhabung der Modelle, die Datenverarbeitung und Visualisierung ermöglichen.

Das Add-on greift nicht in die etablierten Prozesse der Planer ein: Ein Anwender plant wie gewohnt mit seinem favorisierten Tool, hat aber dann die Möglichkeit über eine Schnittstelle die Projektplanung komplett zur Optimierung an OPTIRA zu übergeben. Hier übernimmt der mathematische Algorithmus die Optimierung auf Basis der individuellen Projektdaten. Die Optimierungsergebnisse kann der Planer der ursprünglichen Planung gegenüberstellen und sich für ein Szenario entscheiden, das dann an die Planungssoftware zurückgegeben wird. Dadurch ist es komfortabel möglich, zu jeder Projektphase beliebig oft einen optimalen Projektablaufplan zu errechnen und planerisch zu verbessern.

Mit dem Add-on OPTIRA, das auf den Algorithmen des KIT basiert, bietet RODIAS seinen Kunden ein Planungstool für Großprojekte jeder Art an. Mithilfe mathematischer Methoden werden Bauprojekte im Hinblick auf Zeit und Gesamtkosten optimiert und unterschiedliche Planungsszenarien durchgespielt. (Bild: Rodias GmbH)
Mit dem Add-on OPTIRA, das auf den Algorithmen des KIT basiert, bietet RODIAS seinen Kunden ein Planungstool für Großprojekte jeder Art an. Mithilfe mathematischer Methoden werden Bauprojekte im Hinblick auf Zeit und Gesamtkosten optimiert und unterschiedliche Planungsszenarien durchgespielt. (Bild: Rodias GmbH)

Mit Algorithmen zum Optimum

„Bereits in Projektplänen mit wenigen hundert Vorgängen und einigen Dutzend unterschiedlichen Ressourcen, wie Personal oder Maschinen, ist es manuell kaum mehr möglich, die im Zuge der Projektlaufzeit notwendigen Planungsanpassungen einzuarbeiten und dennoch weiterhin eine optimale Ressourcenauslastung oder Kostenkalkulation zu gewährleisten“, unterstreicht der Softwareexperte Stängle. Hier bietet OPTIRA vollautomatische Unterstützung für Planer und Projektmanager. Die implementierten Algorithmen können unzählige Planungsalternativen simulieren und zeigen die mathematisch optimale Projektablaufplanung auf. Je nach Bedarf kann ein Projekt hinsichtlich Projektlaufzeit oder nach den Gesamtkosten analysiert werden. Die ermittelten Varianten schaffen eine Entscheidungsgrundlage und erleichtern es zudem, in der Projektplanung auf die sich ändernden Randbedingungen zügig zu reagieren. Die Betriebswirtschaftlerin Volk betont: „Mit unserer Methode lassen sich optimierte Projektablaufpläne für verschiedene Szenarien in kürzester Zeit berechnen und visuell abbilden. Dadurch lassen sich Planungsunsicherheiten reduzieren und Planer können flexibler reagieren sowie Pläne oder Ressourcenzuteilungen anpassen.“ Die Optimierung ist nicht nur für Neuplanungen interessant, sondern auch bereits erstellte Projektplanungen können verifiziert werden.

Im Projekt NukPlaRStoR haben die Kooperationspartner RODIAS und VPC Nukleare Dienstleistungen das Verbesserungspotenzial der Softwarelösung mit Praxisdaten getestet und belegt. Dieses Potenzial lässt sich auf Projekte jeder Art übertragen: Potenzielle Anwender des Planungswerkzeugs sind (Teil-)Projektplaner in allen Industriezweigen, wie bspw. Kraftwerksbetreiber, Bau- oder Rückbauunternehmen, Projektierer von Windparks, Planungsbüros oder Consultingunternehmen. Besonders Projekte mit hoher Komplexität und Regeldichte, wie der Bau industrieller Großanlagen, die Errichtung oder der Rückbau von Bohrinseln sowie Infrastruktur- oder Netzausbauprojekte können von der systemgestützten Optimierung mit OPTIRA profitieren. Noch bis 2022 arbeiten KIT und RODIAS im Projektverbund an zusätzlichen Funktionalitäten, insbesondere im Zusammenhang mit der Stoffstromplanung und der Optimierung der Logistik innerhalb der Projekte.

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