Research to Business

Spotlight auf die Verwandlungskünstler

Die Verwandlung von Kohlendioxid in Wertstoffe, das Herauslösen kritischer Rohstoffe aus Abfällen, die Umwandlung von Ausgangsmaterialien in wertvolle Produkte: Neue Erkenntnisse aus dem KIT rund um die Prozess- und Verfahrenstechnik und ihre Bedeutung für die Zukunft standen im Mittelpunkt des Thementages am 19. November 2024, veranstaltet vom KIT-Business-Club.

Im Karlsruher Flüssigmetalllabor (KALLA) erklärte Frau Dr.-Ing. Klarissa Niedermeier die Funktionsweise des weltweit ersten Hochtemperatur-Wärmespeichers in dem Blei-Bismut zur Wärmeübertragung eingesetzt wird. (Foto: KIT)
Dr.-Ing. Klarissa Niedermeier, Leiterin einer Forschungsgruppe zum Thema „Hochtemperatur-Wärmespeicherung und Prozesstechnik“, führte die Teilnehmenden des Thementags durch das Flüssigmetalllabor (KALLA) und zeigte den weltweit ersten Wärmespeicher, der auf Flüssigmetalltechnologie basiert. (Foto: KIT)

Was in früheren Zeiten vielfach als Zauberei und Magie angesehen wurde, ist in der modernen Verfahrenstechnik praktischer Alltag. Mithilfe ausgeklügelter Rezepturen, Reaktionen und Prozesse werden Materialien hergestellt, in unterschiedliche Phasenzustände überführt, getrennt und gereinigt. Viele der Vorgänge sind inzwischen gut verstanden und erklärbar, aber das Forschungsfeld ist in ständigem Wandel und bringt neue Verfahren, Prozesse und Materialien hervor. Diese werden in der Anwendung dringend gebraucht, um den globalen Herausforderungen in Bereichen wie Klima, Mobilität oder Recycling entgegen zu treten.

Auf dem Thementag „Wie Verfahrenstechnik die Welt verändert“ des KIT-Business-Clubs am 19. November 2024 bekamen rund 40 Vertreterinnen und Vertreter aus 16 Unternehmen einen Einblick in die Vielzahl unterschiedlicher Themen und Labore aus sechs Instituten des KIT und konnten sich ein anschauliches Bild von deren Forschung machen.

Flüssigmetalle – Ermöglichungstechnologie für die Dekarbonisierung?

Den Auftakt des Nachmittags machte Prof. Thomas Wetzel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT) mit einer Vorstellung des Potenzials von Flüssigmetallen für die Dekarbonisierung von Hochtemperaturprozessen. Die hohe Wärmeleitfähigkeit und Temperaturstabilität dieser Materialien erlauben den Einsatz als Wärmetransportmedium und zur Wärmespeicherung bei Temperaturen jenseits 500 Grad Celsius bis aktuell 1.200 Grad Celsius. Damit entstehen neue Möglichkeiten zur Abwärmenutzung und Einbindung von fluktuierenden erneuerbaren Energien. Noch einen Schritt weiter gehen Prozesse, bei denen Flüssigmetalle als Reaktionsmedium die Erzeugung emissionsfreien Wasserstoffs aus Methan oder sogar die Zerlegung von Kohlenstoffdioxid (CO2) in festen Kohlenstoff und Sauerstoff ermöglichen. Neben der Erforschung der Prozesse selbst sind dabei die Entwicklung von geeigneten Komponenten und Messtechniken (Stichwort Korrosion) sowie die Ermittlung von Einsatzmöglichkeiten für die entstehenden Kohlenstoffmodifikationen wichtige Fragen auf dem Weg zur breiten Anwendung.

Drei Teile für ein Ganzes

Prof. Daniel Banuti ging in seinem Vortrag auf den Dreiklang der Themen für eine Zukunft mit erneuerbaren Energien an seinem Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) ein: Wärme – Wasserstoff – Resilienz. In allen drei Themenfeldern verfügt das Institut über langjährige Erfahrung, sei es in der H2-Sicherheit, im Betrieb H2-getriebener Fahrzeuge und der Nutzbarmachung von Prozesswärme oder Geothermie. Entscheidend ist aber die Betrachtung eines resilienten Gesamtsystems. „Heat is Half!“, wie Prof. Daniel Banuti betonte. Wärme macht rund die Hälfte unseres Energiebedarfs aus und die Herausforderungen in diesem Sektor sind groß.

Prof. Dr. Matthias Franzreb führte die Gäste durch das Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) und zeigte, wie sein Team magnetbasierte Verfahren erfolgreich bei der Reinigung von Medien oder der Aufreinigung und Gewinnung von Biomolekülen oder Zellen einsetzt. (Foto: KIT)
Bei der Führung im IFG demonstrierte Prof. Dr. Matthias Franzreb die Anwendung magnetischer Verfahren in der Biotechnologie, die großes Potenzial versprechen, beispielsweise bei der Rückgewinnung der begehrten Seltenerdmetalle oder bei der Aufreinigung von Medien und Gewinnung von Biomolekülen. (Foto: KIT)

Unsichtbare Anziehungskräfte

Kräfte kontaktlos übertragen, ohne Wechselwirkung mit Medien und in einstellbaren Stärken – was sich auf den ersten Blick wie der Traum jeder Verfahrenstechnik anhört, funktioniert in der praktischen Anwendung nur mit guten Ideen. Prof. Matthias Franzreb vom Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) verriet in seinem Beitrag einige seiner Zaubertricks, mit denen er magnetbasierte Verfahren erfolgreich einsetzt, sei es bei der Reinigung von Medien oder der Aufreinigung und Gewinnung von Biomolekülen oder Zellen. Auch seine aktuellste Anwendung, die Magnetchromatographie verspricht großes Potenzial, beispielsweise bei der Rückgewinnung der begehrten Seltenerdmetalle.

Prof. Dr.-Ing. Alexander Grünberger vom Institut für Bio- und Lebensmitteltechnik (BLT) betonte während seiner Präsentation die Bedeutung der Bioprozess-Mikrofluidik für die zukünftigen Bioprozesse. (Foto: KIT)
Prof. Dr.-Ing. Alexander Grünberger vom Institut für Bio- und Lebensmitteltechnik (BLT) beschrieb während seiner Präsentation die Anwendung von Mikrofluidik zur Entwicklung zukünftiger flexibler Bioprozesslösungen. (Foto: KIT)

Auf der Spur der verborgenen Wichtel

Viele der wichtigsten Artisten der Bioverfahrenstechnik – Pilze, Algen, Bakterien – geben ihr Können, ihre liebsten Arbeitsbedingungen oder gar ihre Existenz nur sehr zögerlich Preis. Für eine effizientere Nadelsuche im riesigen Heuhaufen der Mikroorganismen setzt Prof. Alexander Grünberger vom Institut für Bio- und Lebensmitteltechnologie (BLT) auf mikrofluidische Methoden und nutzt dabei u. a. auch physikalische „Special Effects“ in diesem Skalenbereich, wie beispielsweise laminare Strömungen. Eine Beschleunigung des Erkenntnisgewinns über diese Technologie birgt große Potenziale für die Entwicklung neuer Bioprozesse oder vielleicht sogar für On-Site/On-Demand-Bioreaktoren der Zukunft.

Der Zauber von Nullen und Einsen

Bessere Simulationen und digitale Methoden werden Innovation und Transformation in der Verfahrenstechnik begleiten und beschleunigen, unterstrich Prof. Gregor Wehinger vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik (CVT) in seinem Vortrag. Der digitale Zwilling als flexibler und kostengünstiger Doppelgänger ist nicht nur das Ziel, sondern auch notwendig für ein effizientes und integriertes Design von komplexen Prozessen bestehend aus chemischen Reaktionen, Transportvorgängen, Wärmemanagement und weiteren Rahmenbedingungen. Nicht zuletzt spielen anschauliche Modelle in Form von Virtual- oder Augmented-Reality-Darstellungen auch für die moderne Lehre eine große Rolle.

Die Bedeutung der Digitalisierung im Bereich Chemie und Verfahrenstechnik wurde durch die abschließende Führung am IFG sowie am Institut für Biologische und Chemische Systeme (IBCS) von Prof. Stefan Bräse nochmals deutlich: Das konsistente Abbilden eines Reaktionsverfahrens im Datenraum, vom digitalen Laborbuch über die Automatisierung des Labors und Auswertung der Ergebnisse bis hin zur Bereitstellung der Daten in Repositorien vereinfacht nicht nur den Ablauf, es ermöglicht auch erst den Einsatz des aktuell mächtigsten Allzwecktools: Künstlicher Intelligenz.

In seinem Vortrag beleuchtete Prof. Dr.-Ing. Gregor Wehinger die tragende Rolle computergestützter Simulationen für die Optimierung chemischer Verfahrenstechnik. (Foto: KIT)
Digitalisierung in der Verfahrenstechnik: Prof. Dr.-Ing. Gregor Wehinger vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik (CVT) gab Einblicke in die tragende Rolle digitaler Zwillinge für die Optimierung komplexer Prozesse. (Foto: KIT)
Momentaufnahme der Teilnehmenden während des abendlichen Networkings: Die Gäste aus Wissenschaft und Industrie tauschten sich über aktuelle Forschungsthemen und Kooperationsmöglichkeiten aus. (Foto: KIT)
Während des abendlichen Networkings tauschten sich die Teilnehmenden aus Wissenschaft und Industrie über aktuelle Forschungsthemen und Kooperationsmöglichkeiten aus. (Foto: KIT)

Ergänzt wurden die spannenden Einblicke in die Forschung durch die beiden Ausgründungen Catavis und Phabioc aus dem KIT, die mit neuen Ansätzen zu Katalyse und Analytik bald auf dem Markt Fuß fassen möchten. Es war insgesamt ein inspirierender Thementag, bei dem sich viele neue als auch etablierte Akteure des KIT vorstellen konnten und wieder einmal das breite Spektrum der Forschung am KIT deutlich wurde. Zwischen den Vorträgen und während den Führungen entwickelte sich ein reger Austausch mit viel Netzwerken zwischen und unter den Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Es sind diese Formate, mit denen der KIT-Business-Club den passenden Rahmen spannt, um die Chancen und Notwendigkeiten einer intensiven Zusammenarbeit zwischen diesen Vertretenden zu schaffen. Das spiegelt sich auch im Feedback wider: Auf dem Thementag verwandeln sich Neugier und Interesse in Wissen und Ideen. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden.

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