Research to Business

Gesund in die Zukunft – Medizintechnik made by KIT

Um die Transformation im Gesundheitswesen zu unterstützen, startete am KIT vor Kurzem das neue KIT-Zentrum für Gesundheitstechnologien (KITHealthTech). Dort arbeiten mehr als 150 Forschende des KIT aus verschiedensten Disziplinen wie Medizintechnik, Robotik, Material- und Lebenswissenschaften sowie Datenwissenschaften interdisziplinär zusammen. Einige davon stellten die Schlüsselaspekte ihrer Arbeit auf dem aktuellen Thementag des KIT-Business-Club vor.

Am neugegründeten Zentrum für Gesundheitstechnologien (KITHealthTech) am KIT arbeiten Forschende an Technologien für den Wandel im Gesundheitswesen. Beim Thementag gaben sie Einblick in die Forschungsthemen, wie z.B. Präzisionsmedizin, Biomaterialien im 3D-Druck, Beschleunigertechnologien für Strahlendiagnose oder Digitalisierung von Gesundheitsdaten und personalisierte Medizin. (Bild: ra2 studio / Shutterstock.com)

„„Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit.““

Ludwig Börne

Auch 200 Jahre nach Börnes Erkenntnis hat diese Aussage noch immer Gültigkeit. Dem enormen Erkenntnisgewinn und den Fortschritten in der Gesundheitsversorgung steht die Tatsache gegenüber, dass auch Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten stetig komplexer werden. Daher stellt sich immer wieder aufs Neue die Frage, wie sich medizintechnischer Fortschritt erreichen lässt, um die Gesundheit jedes Einzelnen erfolgreich wiederherzustellen, zu erhalten und zu schützen.

Dafür wird das neue KIT-Zentrum für Gesundheitstechnologien (KITHealthTech) zukünftig Antworten liefern, betonte Prof. Andrea Robitzki, Leiterin des Bereichs 1 – Biologie, Chemie und Verfahrenstechnik am KIT. Sie ist eine der Initiatorinnen des neugeschaffenen Zentrums und begrüßte die Teilnehmenden des Thementags „Gesundheitswesen im Wandel“ am 21. November 2023. Im KITHealthTech sei die Forschung ein kontinuierlicher Strategieprozess, um die Zukunft der Gesundheitstechnologien mitzugestalten, insbesondere in den Feldern Präzisionsmedizin, personalisierte Medizin und digitale Gesundheitslösungen. Anhand von mehreren Beispielen gaben die wissenschaftlichen Gäste des Zentrums einen Einblick in die Schlüsselaspekte ihrer Forschung.

Die breit gefächerte Expertise und die vielfältigen Aktivitäten am KIT bilden die Basis, um koordiniert das Thema Health Technologies auszubauen. Dabei wird sich die interdisziplinäre Forschung auf drei übergreifende Themenbereiche konzentrieren: Technologien für Präzisionsmedizin, ganzheitliche und individualisierte Versorgung für Patientinnen und Patienten sowie digitale Gesundheit. (Bild: KITHealthTech / KIT)

Personalisierte Medizin mithilfe gedruckter Organe

Das ist die Visionen von Prof. Ute Schepers vom Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG). Ihre Arbeitsgruppe Chemische Biologie befasst sich zusammen mit einer Reihe weiterer Forschungsgruppen am KIT mit neuen Herstellungsmethoden für biologische Materialen und deren Nutzung. So entwickeln die Forschenden Biotinten, arbeiten erfolgreich am 2D- und 3D-Druck von biologischen Geweben für „Organs-on-Chips“ und erstellen miniaturisierte Testsysteme für Labors. Ziel ist es dabei, das (personalisierte) Design und die Testung medizinischer Wirkstoffe zu erleichtern und sogar zu beschleunigen. Mit künstlichen Organen und Zellsystem sollen Tierversuche in Zukunft auf ein Minimum reduziert werden. Die Weiterentwicklung dieser Kompetenzen zusammen mit der Industrie steht dabei im Fokus.

Experimentierraum für die Strahlenforschung

Um Systeme der Strahlenmedizin präziser, energiesparender, günstiger, kompakter und dadurch leichter handhabbar zu machen, braucht es grundlegend neue Technologieansätze in der Strahlenforschung und Bildgebung. Dafür bietet die Accelerator Technology Platform (ATP) des KIT optimale Voraussetzungen, betont Prof. Anke-Susanne Müller vom Institut für Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT). Durch die am ATP vorhandenen breit gefächerten und interdisziplinären Kompetenzen und die ideale Infrastruktur bietet das KIT beste Voraussetzungen für gemeinsame Innovationsprojekte zwischen Industrie und Wissenschaft in der Strahlenmedizin. Aktuelle Projekte befassen sich beispielsweise mit der Kontrolle der Strahlung über Data Analytics und Visualisierung bis hin zur Energieeffizienz solcher Anlagen, z.B. durch den Einsatz neuer Supraleitermethoden, oder Flash-Bestrahlung als neue, schonende Bestrahlungstechnik.

Digitalisierung als Herzensangelegenheit

Was wie Zukunftsmusik klingt ist bei PD Axel Loewe vom Institut für Biomedizinische Technik (IBT) bereits Realität: Patientenindividuelle digitale Zwillinge von biologischen Systemen, wie dem Herzen, erlauben eine datengestützte Simulation von Organen und damit individuellere und präzisere medizinische Behandlungen. Herr Loewe zeigt dies anhand modellierter und funktionalisierter Zwillinge des menschlichen Herzens, die er mithilfe von neuen bildgebenden Verfahren und Sensordaten erstellt. Durch Simulation von möglichen operativen Eingriffen am digitalen Zwilling können reale Eingriffe genauer geplant und im Umfang begrenzt werden. Ebenfalls kann die Wirksamkeit verschiedener Behandlungsmethoden oder Medikamente vorhergesagt, optimiert und der Einsatz präzisiert werden.

Ein Ohr für Biosensoren

Wussten Sie, dass die Muskeln rund um das Ohr sehr viel über die Biofunktionen des Körpers verraten können? Das zeigte Prof. Michael Beigl vom TECO am Institut für Telematik (TM), dessen Schwerpunkt u.a. auf Wearables für kontinuierliches Gesundheitsmonitoring liegt. Mit dem sogenannten „OpenEarable“ hat das TECO ein „hands-free interface“ entwickelt, das Zugang zu einer Reihe von Aktivitäts- und Körperparametern ermöglicht. Das System wird am Ohr getragen und bietet eine Reihe an Sensoren und Data-Analytics-Möglichkeiten. Der „Ohrentracker“ wird am TECO nicht nur kontinuierlich verbessert und erweitert, sondern er steht externen Partnern auch zur Open-Source-Nutzung und Co-Innovation zur Verfügung.

Weitere spannende Themen aus der Gesundheitsforschung am KIT wurden in abwechslungsreichen Technologie-Snapshots deutlich. Zur Diskussion standen dabei spannende Forschungsprojekte rund um Low-cost-Ansätze für die medizinische Analytik, personalisierte Biosensoren und datenbasierte Optimierung für die Notfalllogistik. Einen Ausblick in die regulatorische Zukunft gab die Ausgründung Validaitor: Ab 2025 soll es eine EU-weite Verordnung zum Einsatz von KI-Anwendungen geben, die die Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit sicherstellt. Validaitor unterstützt Unternehmen dabei, rechtssichere KI-Lösungen für den Medizinbereich zu entwickeln.

Der Thementag hatte für die Gäste viel zu bieten und machte deutlich: Das KIT verfügt im Bereich Health über eine vielfältige und interdisziplinäre Forschungslandschaft, die insbesondere im Verbund wichtige Fortschritte und innovative Lösungen erzielen kann. Ausdruck dieser Tatsache sind auch die neuen Studiengänge am KIT - Medizintechnik (Bachelor) und Biomedical Engineering (Master) - die der Studiengangskoordinator Prof. Werner Nahm vom Institut für Biomedizinische Technik (IBT) vorstellte. Er unterstrich dabei die Bedeutung der Industrie als Impulsgeber und Akteur, um aktuelle und sich abzeichnende Bedarfe von Medizintechnikunternehmen bei der Ausbildung der zukünftigen Fachkräfte einzubringen. Was für die Lehre gilt, ist ebenso wichtig für Forschung, Entwicklung und Innovation. Der KIT-Business-Club  freut sich deshalb über die Resonanz zum Thementag und wird mit den Interessenten an einer Vertiefung des Austauschs in dem Themenfeld weiterarbeiten.

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