Research to Business

Checkliste: Gut vorbereitet für den Technologietransfer

Von der Kreation einer technischen Lösung über die forschungsnahe Realisierung hin zur Umsetzung mit einem Industriepartner ist es ein langer Weg mit einigen Stolpersteinen. Das Verwertungsgespräch mit den Innovationsmanagerinnen und -managern des KIT kann helfen, eine gute Strategie für den Technologietransfer zu entwickeln. Der folgende Blogartikel gibt einen Überblick, auf welche Fragen es beim Verwertungsgespräch ankommt und wie sich wissenschaftliche Beschäftigte idealerweise darauf vorbereiten können.

Aussichtsreiche Verwertungsprojekte zu identifizieren ist das Ziel von Verwertungsgesprächen zwischen Forschenden und Innovationsmanagern. Bereits in Vorbereitung des Gesprächs empfiehlt es sich, die wichtigsten Eckdaten der Entwicklung zusammenzustellen. Die Checkliste hilft die wichtigsten Fragen im Blick zu haben. (Bild: Mohamed Hassan / pixabay)
Aussichtsreiche Verwertungsprojekte zu identifizieren ist das Ziel von Verwertungsgesprächen zwischen Forschenden und Innovationsmanagern. Bereits in Vorbereitung des Gesprächs empfiehlt es sich, die wichtigsten Eckdaten der Entwicklung zusammenzustellen. Die Checkliste hilft die wichtigsten Fragen im Blick zu haben. (Bild: Mohamed Hassan / pixabay)

Erfindungen, Know-how und neue technische Lösungen aus der Wissenschaft können über ganz unterschiedliche Wege in die Anwendung finden. Sie möchten Ihre Forschungsergebnisse für andere nutzbar machen, wissen aber nicht wie? Das Team Innovationsmanagement des KIT berät Sie zu Ihren Möglichkeiten und begleitet Sie bei der Industriepartnersuche. Das initiale Verwertungsgespräch ist dabei ein erster Schritt in Richtung einer industriellen Anwendung der eigenen Erfindung oder Entwicklung. Im vertraulichen Gespräch zwischen Forschenden und Innovationsmanagerin / -manager werden ganz unterschiedliche Themen beleuchtet, die Einfluss auf die Verwertungschancen haben. Dazu gehören unter anderem technische Details, der Entwicklungsstand oder die Situation am Institut. Je besser sich Forschende auf das Gespräch vorbereiten und die wichtigsten Eckdaten vorab zusammenstellen, desto effizienter können im Gespräch Fragen geklärt werden. Darauf aufbauend lässt sich eine zielgerichtete Verwertungsstrategie ableiten.

Die folgende Checkliste gibt eine Orientierung über die Kernthemen im Verwertungsgespräch:

(Bild: Mohamed Hassan / pixabay)

1. Technologie

Um überhaupt eine Strategie entwickeln zu können, müssen alle Beteiligten verstehen, worüber sie sprechen. Daten und Fakten sind das Stichwort. Abgefragt werden hier Punkte wie Funktionsprinzip, Alleinstellungsmerkmal sowie Vor- und Nachteile im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik. Die schon vorhandenen quantifizierbaren Leistungsdaten und Key Performance Indicators (KPI) werden gesichtet und besprochen. Diese Kennzahlen können für Marketingmaßnahmen oder in Industriegesprächen relevant werden.

Leitfragen zur Technologie:

 

  • Welches bestehende Problem löst die Technologie? Wie funktioniert sie?
  • Was ist neu im Vergleich zu schon existierenden technischen Lösungen?
  • Konnten bereits ein oder mehrere potenzielle Anwendungsfelder identifiziert werden?
  • Welchen Nutzen erfüllt die Technologie? Welchen Mehrwert können die Anwendenden erwarten?
  • Trifft die Technologie einen Trend? Wenn ja, welchen?
  • Ist die Technologie gut nachvollziehbar? Wie leicht kann Sie ein Industriepartner adaptieren oder replizieren?
(Bild: Mohamed Hassan / pixabay, bearbeitet von Karola Janz)

2. Entwicklungsstand und geplante Weiterentwicklung

Hierbei steht der Technologiereifegrad (technology readiness level, TRL) der Entwicklung im Mittelpunkt. Zu klären ist, ob ein Proof-of-concept, ein Prototyp oder ähnliche Funktionsnachweise der Technik vorliegen, die für die Industriepartnersuche ein Pluspunkt sind. Thematisiert werden zudem aktuelle Herausforderungen der Entwicklung und der weitere Entwicklungsbedarf, der für den industriellen Einsatz nötig wäre. Die geplante Weiterentwicklung wird hinsichtlich Zeit, Realisierbarkeit und Integrierbarkeit näher betrachtet.

Leitfragen zum Entwicklungsstand:

 

  • Wie weit ist die Technologie bereits entwickelt (TRL)? Gibt es einen Prototyp oder Demonstrator?
  • Sind weitere Versuche oder Entwicklungsschritte geplant, wie z.B. im Rahmen eines Förder- bzw. Verbundprojekts?
  • Falls es sich um Ergebnisse aus einem Förderprojekt handelt: Gibt es Regularien/Verpflichtungen gegenüber dem Förderer bzw. Geldgebenden?
  • Findet ein reger wissenschaftlicher Austausch zur Entwicklung statt? In welchem Rahmen wurde schon darüber publiziert?
  • Wie viel Entwicklungsarbeit und Zeit sind bis zur Marktreife noch notwendig?
  • Ist die Entwicklung als konkurrierende Technologie zu sehen? Das heißt, wird damit ein bestehendes Verfahren bzw. Produkt verdrängt oder handelt es sich um ein Novum (Unique Selling Proposition, USP)?
  • Was müsste ein Industriepartner mitbringen, um die Technologie einzusetzen oder voranzutreiben?
  • Gibt es besondere gesetzliche Regularien, welche die Technologie durchlaufen muss (z.B. Zulassungen für pharmazeutische Produkte oder Verfahren, DIN Norm)?
(Bild: Mohamed Hassan / pixabay)

3. Geistiges Eigentum

Wenn es um die Erteilung von Nutzungsrechten geht, ist die Frage nach geistigem Eigentum zentral. Kommen Forschende mit einer neuen Entwicklung zum Innovationsmanagement, ist zu klären, ob die verwendete Technologie schon durch ein gewerbliches Schutzrecht, wie Patent oder Gebrauchsmuster, geschützt ist. Wenn ja, ist ein genauerer Blick nötig, um zu prüfen, ob die Ansprüche des Patents noch zu den aktuellen Entwicklungen der Erfindung passen. Unter Umständen können neue Lösungen auch in Abhängigkeit zu weiteren Patenten stehen. Sind relevante Patente zur Technologie bereits in Verträgen gebunden, wie etwa Kooperationsverträge, so sind die darin vereinbarten Regelungen zu eingeräumten Nutzungsrechten zusätzlich zu berücksichtigen. Denn wenn bereits Nutzungsrechte vergeben wurden, ist bei weiteren Verträgen Fingerspitzengefühl gefragt, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Forschende und Innovationsmanager verschaffen sich über die Patentsituation einen Gesamtüberblick.

Leitfragen zu Schutzrechten:

 

  • Zur Technologie wurde ein Patent in den Ländern / Regionen XYZ angemeldet (oder sogar schon erteilt): Warum ist Ihrer Meinung nach der Patentschutz in diesen Territorien wichtig? Beispiele: Industrieakteure sind dort tätig, Marktsegmente mit territorialem Bezug, bestehende Kontakt vor Ort
  • Was genau wird im Patent geschützt? Beispiele: Vorrichtung wie Stoff/Material/Erzeugnis, Verfahren und/oder Verwendung, Software
  • Passen die Ansprüche des Patents noch zu den aktuellen Entwicklungen der Erfindung?
  • Knüpft die Erfindung an bereits patentierte Produkte oder Verfahren an? Wenn ja, inwiefern unterscheidet sich die Erfindung zum schon bestehenden Produkt oder Verfahren?
  • Welche ähnlichen Technologien aus Forschung und Industrie sind bekannt?
  • Kann das bestehende Schutzrecht umgangen werden, indem das gleiche Ergebnis mit einer anderen Technik erreicht wird? Wäre eine Schutzrechtsverletzung nachweisbar?
  • Muss ein neues Schutzrecht angemeldet werden?
(Bild: Mohamed Hassan / pixabay)

4. Stand der wirtschaftlichen Verwertung

Neben dem geistigen Eigentum sind auch die Themen Marktpotenzial, denkbare Anwendungen und Marktsegmente von Bedeutung. Aufgrund der laufenden Forschungsaktivitäten sind häufig schon wichtige Stakeholder oder auch konkrete Industriekontakte im Institutsumfeld bekannt. Das Verwertungsgespräch dient dazu, bestehende Kontakte zu sammeln und noch unbekannte potenzielle Industriepartner zu eruieren. Interessant sind dabei auch Brancheninformationen, wie wichtigste Hersteller und Anwender, etablierte Veranstaltungen und Treffpunkte der Zielgruppe.

Leitfragen zum Verwertungsgegenstand:

 

  • Welcher Anwendungsbereich, welches Marktsegment soll als erstes in der Verwertung anvisiert werden? Wie ist die eingeschätzte Marktgröße (Massenmarkt vs. Nischenmarkt) dieses Bereichs?
  • Welche Firmen sind in dem Bereich aktiv (Big Player oder KMUs)?
  • Gibt es bereits Industriekontakte, z.B. aus gemeinsamen (geförderten) Projekten oder durch Konferenzen, die Interesse an der Entwicklung bekundet haben?
  • Sind Sie bereits mit Firmenvertretern im Kontakt bzw. kooperieren Sie bereits mit diesen Industriepartnern?
  • Wie ausgeprägt ist die Konkurrenz- und Wettbewerbssituation? Wer sind die wichtigsten Wettbewerber in dem Bereich?
  • Was muss mit der Technologie nachweislich erreicht werden, damit sich die Technologie gegenüber Konkurrenztechnologien durchsetzen kann? Welche technologischen oder monetären Vorteile bietet Ihre Lösung gegenüber dem Stand der Technik?

Bonus: Marktcheck

Mit der eigens entwickelten Technologie und den technischen Merkmalen kennen sich Forschende bestens aus. Um die Verwertungschancen bewerten zu können, ist aber auch ein Perspektivwechsel wichtig. Die Grundfrage: Wie relevant ist die neue Technologie letztendlich für potenzielle Industriepartner? Daher ist es hilfreich, sich vor dem Verwertungsgespräch mit dem Marktgeschehen auseinanderzusetzen. Marktdichte und -volumen, Notwendigkeit oder Dringlichkeit für den Markt, Markteintrittsbarrieren oder auch ein Kosten-Nutzen-Abgleich aus Unternehmensperspektive sind wichtige Faktoren, um die Verwertungschancen einzuschätzen.

Einen ersten Ausblick zu geben, fällt nicht immer leicht und kann daher auch in Zusammenarbeit mit den themenspezialisierten Innovationsmanagerinnen und -managern geschehen. Die Unterstützung seitens IRM kann hier bis zur Beauftragung einer Marktanalyse reichen. Eine weitere Möglichkeit, um eine Einschätzung aus dem Zielmarkt zu erhalten, ist der gezielte Austausch mit den KIT Industry Experts. Das Netzwerk des KIT wird von IRM betreut und bietet vertrauliche Austauschmöglichkeiten mit den in der Industrie tätigen Alumni, wie etwa Online-Umfragen oder beratende Einzelgespräche oder längerfristige Beratung.


(Bild: Mohamed Hassan / pixabay)

5. Situation am Institut

Schließlich sind die KIT-internen Rahmenbedingungen am Institut, wie Verfügbarkeit und Projekterfahrung, mit ausschlaggebend für den Erfolg. Wichtig ist, dass der Wissensträger zur Technologie entweder auf absehbare Zeit noch am Institut verweilt oder nach dem Ausscheiden die Nachfolge gesichert ist. Ob die verwertbare Technologie zu den aktuell wichtigsten Forschungsthemen am Institut gehört, spielt häufig eine Rolle, wenn es um die Bereitstellung finanzieller und personeller Ressourcen geht. Hier fließen die absehbaren Entwicklungskosten und ein Kosten-Nutzen-Abgleich aus Sicht des KIT mit ein. Außerdem sollten die beliebtesten Kooperationsformen des Instituts berücksichtigt werden, wie zum Beispiel Transferprojekte (gefördert durch den NEULAND Innovationsfonds), öffentliche Förderprojekte oder Auftragsforschung.

Leitfragen zur Situation:

 

  • Sind die Know-how-Träger noch länger am KIT beschäftigt?
  • Wie sieht es mit finanziellen und personellen Ressourcen am Institut aus?
  • Gehört die Technologie zu den aktuell wichtigsten Forschungsthemen am Institut oder wird sie zukünftig in die Entwicklungsthemen eingebunden?
  • Gibt es ein Forschungsteam, das sich längerfristig mit dem Thema auseinandersetzen kann/wird?
  • Können Sie sich eine Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen vorstellen und welche Vor- oder Nachteile für Sie oder Ihr Institut sehen Sie dabei?
  • Was sind die beliebtesten Kooperationsformen des Instituts?
  • Welche Form des Technologietransfers streben Sie an? Beispiele: Ausgründung, Lizensierung, Forschungsprojekt etc.
(Bild: Mohamed Hassan / pixabay)

6. Technologiemarketing

Sobald sich ein konkretes Verwertungsziel aus den bisher gesammelten Informationen ergibt, kommt die zielgerichtete Kommunikation an potenzielle Partner ins Spiel. Dabei unterstützt das Innovationsmanagement in den Bereichen Marketing und Vertrieb über die Plattform RESEARCH TO BUSINESS mit digitalen Formaten, Events, Unterstützung bei Messeauftritten und vielem mehr. Im Verwertungsgespräch werden mögliche Marketingmaßnahmen für die jeweiligen identifizierten Marktsegmente angedacht sowie Informationsquellen und Ansprechpersonen für absehbare Aktivitäten besprochen.

 

Leitfragen zum Marketing:

 

  • Welche Informationen kann die Forschungsgruppe zur Verfügung stellen?
  • Welche öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten gab es bereits vom Institut oder auch konkret zur Technologie? Beispiele: Veröffentlichungen, Veranstaltungen, Social Media, Podcasts oder Videos uvm.
  • Wer wäre die fachliche Ansprechperson für das Team Technologiemarketing, z.B. zur Erstellung von Technologieangeboten?
  • Wie aktiv sind Sie oder die Forschungsgruppe in den sozialen Medien?
  • Welche Fachmedien werden typischerweise in Ihrem Fachgebiet gelesen? Worüber ist die Zielgruppe erreichbar?
  • Wurde die Entwicklung bereits auf Messen oder Fachkonferenzen präsentiert? Wenn ja, auf welchen?
  • Welche einschlägigen Fachmessen oder Kongresse zum Thema sind bekannt?

Viele Fragen, deren Beantwortung sich lohnt. Die Vorüberlegungen helfen dabei, sich über die eigene Forschungsarbeit und deren wirtschaftliche Anwendbarkeit klarer zu werden. Darüber hinaus stehen die Chancen für den erfolgreichen Technologietransfer mit einem zielgerichteten Verwertungsplan um einiges besser. Nichtsdestotrotz müssen die Fragen nicht lückenlos beantwortet werden, um auf IRM zuzugehen. Das initiale Verwertungsgespräch ist geprägt vom Austausch zwischen Forschenden und Innovationsmanagerinnen und -managern. Im Nachgang kommt es darauf an, dass beide Seiten an einem Strang ziehen. Das Team Innovationsmanagement bietet wissenschaftlichen Beschäftigten des KIT strategische und operative Unterstützung bei der Suche nach einem oder mehreren Partnern aus der Industrie. Bei Fragen zum Technologietransfer steht Ihnen das Innovationsmanagement gerne zur Verfügung.

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